Es gab mal so eine Zeit als Kind, in der man ganz viele Freundebücher zum hinein schreiben bekam. Die Frage „Was willst du mal werden?“ oder „dein Berufswunsch“ habe ich immer schon mit „Mama“ beantwortet. Ich war gut in der Schule, Lehrer mochten mich, obwohl, oder vielleicht gerade deshalb, ich ziemlich frech und aufgeweckt war.
Wahrscheinlich, weil sie das nicht erwartet haben.
Ich bin Kleinwüchsig. Mit einem Meter dreißig schon ausgewachsen. Ich bin sehr langsam gewachsen und war immer deutlich kleiner als Gleichaltrige. Wirklich gestört hat mich das nur in schlechten Zeiten der Pubertät. Ich denke alle Teenies müssen da erst mal mit sich selbst klar kommen und ich eben noch dazu mit dem Kleinwuchs. Aber ich habe die Zeit nun auch gut hinter mich gebracht, bin 24 Jahre alt, glücklich verheiratet und eigentlich bin ich total zufrieden mit meinem Leben. Gäbe es da nicht so bescheuerte 25%…
Als ich das erste mal feststellte, dass ich Kleinwüchsig bin und dann auch mit meiner Mama darüber sprach, war die aller erste Frage oder Sorge die ich hatte „Kann ich dann keine Mama werden?!“ Ich kann Mama werden und ich bin jetzt mit meinem Mann Micha auch schon zum 2. Mal Eltern geworden. Nur haben wir leider keine Kinder hier.
Micha hat die selbe Form von Kleinwuchs wie ich, Achondroplasie. Bei mir war das eine spontane Genmutation, das heisst jeder Frau kann es passieren, dass sie ein Kind so wie mich bekommt. Meiner Mama ist das passiert, niemand sonst in der Verwandtschaft ist kleinwüchsig. Sie hat erst nach der Entbindung erfahren, dass mit mir etwas nicht so ganz stimmt.
Michas Mama und Oma waren auch kleinwüchsig. Mein Mann ist also schon in 3. Generation kleinwüchsig.
Da mein Kinderwunsch schon immer sehr groß war und Micha auch immer Kinder haben wollte, planten wir eine Schwangerschaft, so gut man es planen konnte, für nach der kirchlichen Hochzeit. Wir informierten uns erst bei einem Kinderwunschzentrum, da man schon von diesen gewissen 25% wussten. Diese 25% heissen, wenn beides Mal das betroffene Gen (nach Mendel’scher Regel aus dem Bio-Unterricht) mit dem Kleinwuchs vererbt wird, ist der Fötus bzw. das Kind nicht lebensfähig. Bisher wusste man nur aus der Theorie davon, dass das wirklich passiert hat niemand so recht geglaubt. Ärzte und Genetiker gingen davon aus, dass diese Schwangerschaften schon sehr früh von selbst abgehen oder sich gar nicht erst einnisten würden. Sozusagen natürliche Auslese.
Nun waren wir da beim Kinderwunschzentrum, liessen alle Untersuchungen über uns ergehen, bekamen das Ergebnis, dass wir beide sehr gut fruchtbar sind und es mit der IVF mit Präimplantationsdiagnostik, nach Antrag bei einer Ethikkommission, keine Probleme geben sollte. Nun fühlte ich mich bei dem behandelnden Arzt aber so unwohl und minderwertig behandelt, dass das für mich direkt nicht mehr in Frage kam. Wir hatten noch einen Termin bei der Genetikerin, die unsere befruchteten Eizellen dann untersuchen würde, mein Mann meinte, lass uns doch einfach mal anhören, was sie sagt, auch wenn wir es wo anders machen lassen. Ok, sind wir da hin gegangen und der Termin war genau so schlimm, dass ich heulend im Zug nach Hause saß und dachte „Kann doch nicht sein, dass diese Unmenschen einfach nur möglichst viel Geld mit meiner Schwangerschaft machen wollen.. Es geht doch um ein Baby und nicht um einen Autokauf“
Also hoffen wir auf die Natur und unser Glück.